Kritik an Medizinprodukteverordnung – Prof. Ostwald im ARD-Interview
Seit Mai 2021 ist die neue EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) in Kraft. Im Interview mit ARD Plusminus spricht WifOR-Geschäftsführer Prof. Dennis Ostwald über die Auswirkungen der Verordnung auf die Medizintechnikbranche und Patient:innen in Europa. Warum die Verordnung, die insgesamt mehr Sicherheit von Medizinprodukten garantieren soll, in ihrer aktuellen Form jedoch eine schlechtere Gesundheitsversorgung zur Folge haben könnte, erfahren Sie in diesem Beitrag.
April, 2010. Mehrere zehntausend Frauen erfahren, dass ihnen rissanfällige Brustimplantate aus Industriesilikon eingesetzt wurden. Dies bestätigte die Befürworter strengerer und einheitlicher Regulierungen von Medizinprodukten innerhalb der EU. Seit Mai 2021 ist die neue EU-Medizinprodukteverordnung in Kraft, die medizinische Produkte sicherer machen soll. Im Interview mit ARD Plusminus spricht WifOR-Geschäftsführer Prof. Dennis Ostwald darüber, welche Konsequenzen die Verordnung für die europäische Wirtschaft und die Patient:innen haben könnte.
„Der Grundgedanke der Gesetzgebung ist zwar richtig, jedoch ist man bei der Ausgestaltung über das Ziel hinausgeschossen. Wir müssen ein Auge auf die Patientensicherheit werfen. Diese Sicherheit müssen wir jedoch abwiegen gegen die Verfügbarkeit von Produkten, die Leben retten. Denn eine riesige Sicherheit bringt uns nichts, wenn wir auf der anderen Seite Menschen nicht helfen können“, sagt Prof. Dennis Ostwald.
Durch die Verordnung werden sich die Zulassungskosten eines Produktes unter anderem durch die zusätzlich geforderte Dokumentation vervielfachen. Dadurch wird sich die Rezertifizierung vorhandener Produkte sowie Investitionen in medizintechnische Innovationen für seltene Krankheiten künftig weniger lohnen. Zudem ist die europäische Medizintechnikbranche klein- und mittelständisch geprägt, sodass viele Unternehmen den Zusatzaufwand nicht stemmen können. Aus diesem Grund sind bereits wenige Monate nach in Kraft treten der Medizinprodukteverordnung einige Produkte vom Markt verschwunden, die über mehrere Jahre im Einsatz waren – zum Beispiel kinderchirurgische Instrumente. Deshalb fordern Expert:innen eine Anpassung der Verordnung, sodass die gewonnene Sicherheit nicht zu Lasten der Gesundheitsversorgung in Europa geht.