#ICare-Kampagne gegen die langfristigen Folgen der Gender Gaps

Equal Care Day, Equal Pay Day, International World Women’s Day – der März steht im Zeichen der Aktionstage für mehr Gleichberechtigung von Mann und Frau. Und wie aktuelle Studien zeigen, ist das Thema ist auch 2023 von höchster Relevanz. Frauen in Deutschland verdienen weniger, arbeiten mehr und befinden sich häufiger in finanziellen Abhängigkeitssituationen. Die jährliche #ICare-Kampagne von WifOR zielt deshalb darauf ab, das Bewusstsein für die Bedeutung häuslicher Sorge- und Pflegearbeit zu schärfen und langfristig eine gerechte Verteilung dieser Arbeit zwischen den Geschlechtern zu erreichen – ohne finanzielle Risiken für Frauen oder Männer. Mehr zu den wissenschaftlichen Zusammenhängen, die hinter der Kampagne stehen, erfahren Sie in diesem Artikel. 

#ICare-Kampagne gegen die langfristigen Folgen der Gender Gaps

Wie (gender-)gerecht ist unsere Gesellschaft? Dass der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen in Deutschland laut Statistischem Bundesamt (2022) mit 18 Prozent deutlich geringer ist als der von Männern, ist vielen bekannt. Auch wissen die meisten, dass Frauen bei gleicher Arbeit häufig weniger verdienen – 2020 waren es im Schnitt 6 Prozent. Eine Fokussierung auf diese sogenannte „Gender Pay Gap“ greift jedoch zu kurz. Denn es gibt weitere Lücken – „Gender Gaps“ – die zur strukturellen und sozialen Ungleichheit zwischen den Geschlechtern führen. 

Die unsichtbare Wahrheit: Der Gender Care Gap

Entgegen der Vorstellung, dass Männer mehr arbeiten als Frauen, kommen Frauen in Summe auf mehr Arbeitsstunden. Sie verbringen neben ihrer Erwerbstätigkeit, die durchschnittlich circa 30,3 Stunden beträgt, zusätzlich rund 27,4 Stunden mit dem Haushalt und der Pflege von Angehörigen – und damit fast noch einmal so viel wie in ihrer Erwerbsarbeit. Das Grundproblem ist, dass diese Arbeit überwiegend im Verborgenen stattfindet. Zudem wird sie monetär kaum gewürdigt. Im Gegensatz dazu arbeiten Männer auf dem regulären Arbeitsmarkt durchschnittlich ca. 37,9 Stunden und investieren zusätzlich ca. 14,8 Stunden in nicht-marktliche Tätigkeiten. Insgesamt übernehmen Frauen somit im Schnitt 52,4 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Dr. Sandra Zimmermann hat in ihrer Disseration (2015) gezeigt, dass es bei der Ausführung dieser nicht-marktlichen Tätigkeiten deutliche Unterschiede zwischen Mann und Frau gibt. Bei Männern bezieht sich diese vermehrt auf ehrenamtliches Engagement und Schwarzarbeit und weniger auf informelle Reproduktionsbereiche wie den Haushalt oder die Pflege von Familienmitgliedern. In einer Partnerschaft mit Kindern verschärft sich die Lücke zusätzlich. Hier liegt der Gender Care Gap bei 83,3 Prozent. Anders als Männer haben Frauen zudem starke Gehaltseinbußen, die von der Kinderzahl abhängig sind. 

Die Corona-Pandemie verschärft die Gender Gaps 

Die ungleich verteilten Erwerbseinkommen sind einer der Gründe dafür, dass sich der Gender Care Gap während der Corona-Pandemie in vielen Familien verfestigt hat. So sind es überwiegend Frauen, die die zusätzlich anfallenden Betreuungsaufgaben übernehmen. Dafür reduzierten sie häufig ihre Arbeitszeit. Dies führt in vielen Fällen zu einer Retraditionalisierung der Rollenbilder, bei denen der Mann als Haupternährer verstanden wird. 

Hintergrundpapier zur #ICare-Kampagne

Die Langzeitfolgen: Höheres Risiko der Altersarmut und Abhängigkeitsverhältnisse

Die vorgestellten Gender Gaps zeigen, dass Frauen eine Doppelbelastung tragen. Sie übernehmen häufiger die Rolle der Fürsorgerin und verdienen deutlich weniger – mit enormen Langzeitfolgen. Der Gender Lifetime Earnings Gap beträgt in Westdeutschland rund 670.000 Euro und in Ostdeutschland etwa 450.000 Euro. Infolgedessen haben Frauen im Vergleich zu Männern ein deutlich höheres Risiko der Altersarmut. Die (deutsche) Gesellschaft ist demzufolge damit konfrontiert, dass der Hälfte der Bevölkerung (Frauen) weniger soziale und finanzielle Teilhabe zukommt, wodurch Verwirklichungschancen eingeschränkt werden und wirtschaftliche Abhängigkeit in Beziehungen entstehen. 

#ICare – eine globale Kampagne für eine (gender-)gerechte Gesellschaft

Die Daten zeigen deutlich: Sorge- und Pflegearbeit, die essenziell wichtig für unsere Gesellschaft ist, birgt für Frauen enorme finanzielle Risiken. In der von WifOR initiierten #ICare-Kampagne geht deshalb darum, Gespräche über die oft im Verborgenen stattfindende Sorge- und Pflegearbeit zu normalisieren, verschiedene Tagesabläufe zu teilen und das Bewusstsein für die Bedeutung dieser Arbeit für unsere Gesellschaft zu schärfen.Langfristiges Ziel ist, dass es eine gerechte Verteilung der Pflegearbeit zwischen den Geschlechtern erreicht wird und diese weder für Männer noch Frauen mit finanziellen Risiken verbunden ist. Denn die Pflegearbeit ist und bleibt eine wesentliche Säule unserer Gesellschaft.