Arbeitgeberattraktivität

Arbeitgeberattraktivität: Definition, Faktoren & Maßnahmen

Die meisten Unternehmen haben erkannt, dass eine marktgerechte Vergütung nicht ausreicht, um Talente für sich zu gewinnen. Welche Faktoren sind für Bewerbende bei der Jobwahl wirklich ausschlaggebend? Was macht Unternehmen attraktiv? Dieser Artikel erklärt, welche Faktoren es gibt und wie Unternehmen mithilfe von Attraktivitätsanalysen die entscheidenden Maßnahmen priorisieren können.

Bewerbungen gehen zurück, Stellen bleiben unbesetzt und die Anforderungen von Mitarbeitenden steigen. Auf dem Arbeitsmarkt herrscht ein „race for talent“. Dass immer mehr Unternehmen um qualifizierte Fachkräfte konkurrieren, erfahren HR-Verantwortliche branchenübergreifend.
 

Grund ist der Arbeitnehmermarkt, bei dem die Nachfrage der Unternehmen das Fachkräfteangebot übersteigt – und Megatrends wie der demografische Wandel, die digitale Transformation oder der gesellschaftliche Wertewandel verschärfen die Situation zunehmend. Daher ist Arbeitgeberattraktivität für Unternehmen heute einer der entscheidenden Wettbewerbsfaktoren.

Arbeitgeberattraktivität: Definition 

Arbeitgeberattraktivität entsteht, wenn Organisationen die zentralen Attraktivitätsfaktoren erfüllen, die Talente anziehen und binden. Sie trägt maßgeblich zur intrinsischen Motivation der Mitarbeitenden und deren Identifikation mit einem Unternehmen bei. Auch für gezielte Employer-Branding-Maßnahmen ist es wichtig, die ausschlaggebenden Kriterien zu kennen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

Attraktivitätsanalysen von WifOR unterstützen Organisationen dabei, die Kriterien zu identifizieren, auf die (potenzielle) Mitarbeitende den größten Wert legen. Die Ergebnisse ermöglichen einerseits, die Mitarbeitendenzufriedenheit gezielt zu fördern und andererseits eine starke Arbeitgebermarke aufzubauen.

Die Ziele von Attraktivitätsanalysen:

  • Ermittlung der Kriterien, die aus Sicht der (potenziellen) Arbeitnehmenden entscheidend für die Attraktivität eines Arbeitgebers sind.
  • Ableitung gezielter Handlungsempfehlungen für die Verbesserung der Attraktivität anhand wissenschaftlicher Daten.
  • Unterstützung für Unternehmen und Branchen, Talente anzuziehen, diese langfristig zu halten und zu motivieren.

Welche Faktoren machen Arbeitgebende attraktiv?

Attraktivitätsfaktoren sind Kriterien einer Organisation, die für (potenzielle) Mitarbeitende ausschlaggebend dafür sind, ob sie für ein Unternehmen arbeiten möchten. Sie sind Merkmale, die das Interesse bei Bewerbenden wecken und bei Mitarbeitenden für Zufriedenheit sorgen. Diese Faktoren können je nach individuellen Präferenzen und Bedürfnissen variieren.

Laut Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie lässt sich zwischen sogenannten Hygiene- und Motivationsfaktoren unterscheiden. Während von den Hygienefaktoren (z.B. Gehalt oder Arbeitsplatzsicherheit) abhängt, ob Mitarbeitende unzufrieden sind, entscheiden Motivationsfaktoren (z.B. Aufgaben, Entwicklungsmöglichkeiten) über das Engagement der Mitarbeitenden. 

Attraktivitätsfaktoren-Checkliste

Welche Attraktivitätsfaktoren es neben monetären Anreizen gibt, zeigt die folgende Checkliste.

Checkliste Arbeitgeberattraktivität


Eine zentrale Herausforderung für Unternehmen besteht darin, aus den unterschiedlichen Attraktivitätsfaktoren die entscheidenden Kriterien zu identifizieren und deren Bedeutung innerhalb des Unternehmens zu verargumentieren. Fest steht: Es erfordert individuelle Betrachtungen für gezielte Strategien.

Wie kann Arbeitgeberattraktivität gemessen werden?

Es gibt eine Vielzahl an Methoden, um die Arbeitgeberattraktivität eines Unternehmens zu messen. Viele Unternehmen starten mit Mitarbeitendenumfragen oder werten direkte Gespräche aus. Bei großen Datenmengen bieten KI-gestützte Attraktivitätsanalysen viele Vorteile, für die sowohl interne als auch externe Daten genutzt werden können. Ein Überblick.

Mitarbeitendenumfragen

Mitarbeitendenumfragen sind ein gängiges Instrument zur Erfassung der internen Arbeitgeberattraktivität. Mithilfe von standardisierten Fragebögen können Unternehmen ermitteln, welche Attraktivitätsfaktoren den Mitarbeitenden besonders wichtig sind und wie ein Arbeitgeber in den einzelnen Kategorien abschneidet. Hierzu können Online-Umfragetools wie SurveyMonkey oder spezialisierte Software (z.B. CompanyMood) eingesetzt werden.

Vorteile von Mitarbeitendenumfragen

Durch Mitarbeitendenumfragen kann anonym der Status Quo der Arbeitgeberattraktivität aus Sicht der Mitarbeitenden abgefragt werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass hierarchieübergreifend die Möglichkeit gegeben wird, Ideen und Verbesserungswünsche anzubringen. Auch kann das Zugehörigkeitsgefühl im Unternehmen gefördert werden, wenn Mitarbeitende merken, dass ihr Feedback gehört und ernst genommen wird.

Nachteile von Mitarbeitendenumfragen

Nachteil dieser Methode ist, dass Unternehmen teilweise Probleme haben, ihre Mitarbeitenden neben dem Tagesgeschäft zur Teilnahme zu motivieren. Zudem besteht die Gefahr, subjektive Einzelaussagen zu generalisieren. Daher ist es wichtig, die Umfrageergebnisse sorgfältig zu analysieren und einzuordnen. Auch ist es wichtig, die Teilnahme so einfach wie möglich zu gestalten und Anonymität zu garantieren, um die Hürden möglichst klein zu halten. 

Persönliche Gespräche mit Mitarbeitenden

Direkte Gespräche mit Mitarbeitenden sind eine weitere Möglichkeit, um herauszufinden, worauf sie bei ihrem Arbeitgeber Wert legen. Offene Gespräche können helfen, individuelle Bedürfnisse und Erwartungen zu ermitteln. Auch ermöglichen sie eine direkte Interaktion und bieten Raum für einen offenen Austausch von Ideen und Anliegen. Die Qualität der Ergebnisse hängt in erster Linie davon ab, wie gut das Vertrauensverhältnis zwischen den Mitarbeitenden und dem Management ist. 

Vorteile von persönlichen Gesprächen

Ein Vorteil dieser Methode ist, dass bei persönlichen Gesprächen nachgefragt werden kann. So wird im Idealfall ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse der Mitarbeitenden erreicht. Zudem können mögliche Verbesserungen oder Lösungen direkt besprochen werden. Gerade bei Mitarbeitenden, die ein Unternehmen verlassen, sollte die Chance eines direkten Gesprächs genutzt werden, um die Beweggründe zu erfahren.

Nachteile von persönlichen Gesprächen

Ein Nachteil ist jedoch, dass aufgrund der fehlenden Anonymität nicht alle Mitarbeitenden bereit oder in der Lage sind,ihre Erfahrungen offen zu kommunizieren. Es besteht die Möglichkeit, dass einige ihre Meinungen aus Angst vor negativen Konsequenzen zurückhalten. Auch ist die Durchführung solcher Gespräche zeitaufwendig und erfordert eine Vertrauensbasis zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften.

Big-Data-Analysen mit künstlicher Intelligenz

Bei großen Datenmengen bieten sich KI-gestützte Attraktivitätsanalysen an. Hierbei werden große Mengen an Daten, die sowohl aus internen als auch externen Quellen stammen können, analysiert und mithilfe von Algorithmen ausgewertet.

Vorteile von Big-Data-Analysen mit künstlicher Intelligenz

Ein großer Vorteil dieser Methode ist die Fähigkeit, umfangreiche und komplexe Datenmengen schnell zu verarbeiten und Muster sowie Zusammenhänge zu identifizieren, die für die Arbeitgeberattraktivität relevant sind. Durch die Analyse von Daten wie beispielsweise auf Online-Bewertungsportalen wie kununu oder Glassdoor können wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. Dies ermöglicht eine datengesteuerte Entscheidungsfindung und die Entwicklung gezielter Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität.

Nachteile von Big-Data-Analysen mit künstlicher Intelligenz

Es ist wichtig zu beachten, dass einige Plattformen nicht möchten, dass ihre öffentlich zugänglichen Daten per Web-Scraping gesammelt werden. Auch sollten Datenschutzbestimmungen für das Speichern von Daten berücksichtigt werden. Die Interpretation der Analyseergebnisse erfordert ebenfalls Fachkenntnisse und menschliches Urteilsvermögen, um sinnvolle Schlussfolgerungen zu ziehen.

Beispiel-Studie zur Pflegelandschaft in Bayern

Diese Methode der KI-gestützten Attraktivitätsanalyse nutzte WifOR beispielsweise in der Studie „Zukunft der Pflege in Bayern – eine Big Data Analyse der Herausforderungen und Chancen” (2020) für die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw). Mithilfe von Web-Scraping, extrahierte WifOR in einem ersten Schritt große Datenmengen aus Job- und Bewertungsportalen. 

Diese Daten wurden anschließend mithilfe von KI ausgewertet und durch Arbeitsmarktexpert:innen kontextualisiert. So konnte identifiziert werden, welche Kriterien aus einer Vielzahl von Bewertungen die wichtigsten sind und wie kritisch bewertete Kategorien aus Sicht der Arbeitnehmenden verbessert werden können. Diese Analyse ermöglichte es, sämtliche auf der Plattform gelistete Unternehmen der Gesundheits- und Pflegebranche in Bayern einzubeziehen.  

Verteilung der Verbesserungsvorschläge für die Gesundheits- und Pflegebranche

Die Ergebnisse zeigen, dass zwischen der Gesundheits- und Pflegebranche und der bayerischen Gesamtwirtschaft im Vergleich zu anderen Branchen die größte Differenz in der Kategorie Wertschätzung besteht. Aspekte der personellen Ausstattung von Mitarbeitenden werden in der Pflege im Vergleich zu anderen Branchen deutlich häufiger aufgegriffen. Auch die Bereiche Arbeitsatmosphäre und Verantwortung sind dem Pflegepersonal vergleichsweise wichtiger. 

Andere Kategorien wiederum werden in der Gesamtwirtschaft stärker thematisiert. So fordern Mitarbeitende in der Pflege seltener mehr Gehalt als die bayerische Gesamtwirtschaft im Schnitt. Der absolut größte Unterschied betrifft die Kategorie der Investitionen. Verbesserungen von Infrastruktur und Ausstattung nennen Mitarbeiter:innen in der Pflege zwar am vierthäufigsten, tatsächlich liegt der Wert damit aber mehr als fünf Prozentpunkte unter dem der Gesamtwirtschaft. Lesen Sie mehr dazu in der Studie „Zukunft der Pflege in Bayern – eine Big Data Analyse der Herausforderungen und Chancen” (2020):

Laden Sie hier die Beispiel-Studie herunter:

Zukunft der Pflege in Bayern

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Zukunft der Pflege in Bayern

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Wie können Arbeitgeber ihre Attraktivität steigern?

Aufgrund begrenzter Ressourcen ist es Unternehmen in der Regel nicht möglich, alle Attraktivitätsfaktoren zu erfüllen. Aus diesem Grund sollten Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität gezielt auf die Anforderungen der (potenziellen) Mitarbeitenden zugeschnitten sein.

Entwicklung einer gezielten Verbesserungsstrategie

Als Ergebnisse der Attraktivitätsanalysen erhalten Unternehmen eine Gewichtung der entscheidenden Faktoren aus Sicht der (potenziellen) Mitarbeitenden. Im nächsten Schritt sollten im Zuge der HR-Strategie konkrete Ziele und Zeithorizonte festgelegt werden. Auf dieser Basis können Unternehmen gezielte Maßnahmen definieren, um die entscheidenden Attraktivitätsfaktoren zu erfüllen.

Es ist zudem wichtig, klare Verantwortlichkeiten festzulegen, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen effektiv umgesetzt werden. Dies kann bedeuten, dass die Ziele von Führungskräften an die Verbesserungsmaßnahmen geknüpft werden. Eine regelmäßige Erfolgskontrolle hilft dabei, den Fortschritt zu überwachen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.

Aufbau der Arbeitgebermarke

Im nächsten Schritt sollten die wesentlichen Attraktivitätsfaktoren im Employer Branding hervorgehoben werden. Hier ist wichtig, dass zunächst die gesetzten Ziele erreicht werden sollten. Nur wenn die interne Wahrnehmung stimmt, kann eine starke Arbeitgebermarke aufgebaut werden.

Intern sollten Mitarbeitende regelmäßig über die ergriffenen Maßnahmen und deren Auswirkungen informiert werden. Dies schafft Transparenz und ermöglicht, dass der Fortschritt besser wahrgenommen wird. In der externen Kommunikation sind die Karriereseite sowie die HR-Social Media Plattformen LinkedIn und Xing die zentralen Kanäle. Dort sollten Arbeitgebende Gesicht zeigen und die Attraktivitätsfaktoren gezielt adressieren.

Es ist wichtig, die Arbeitgebermarke kontinuierlich zu pflegen und weiterzuentwickeln. Arbeitgeber sollten regelmäßig Feedback von Mitarbeitenden und Bewerbern einholen, um zu verstehen, wie die Arbeitgebermarke wahrgenommen wird, und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen.

Fazit

Die Arbeitgeberattraktivität ist heute einer der zentralen Wettbewerbsfaktoren für Unternehmen. Eine marktgerechte Vergütung allein reicht nicht aus, um Talente für sich zu gewinnen und langfristig zu binden. Es ist wichtig, die zentralen Attraktivitätsfaktoren zu erfüllen, die Bewerbende bei ihrer Jobwahl wirklich beeinflussen.

Um diese zu messen, stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Mitarbeitendenumfragen bieten die Möglichkeit, das Feedback der Mitarbeitenden anonym und strukturiert zu erfassen. Persönliche Gespräche ermöglichen eine individuelle Erfassung von Bedürfnissen und Erwartungen. Bei großen Datenmengen können KI-gestützte Attraktivitätsanalysen wertvolle Einblicke liefern, indem sie umfangreiche Datenmengen analysieren und Muster sowie Zusammenhänge identifizieren.

Um die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern, ist es wichtig, eine gezielte Verbesserungsstrategie zu entwickeln. Die identifizierten Attraktivitätsfaktoren sollten als Grundlage dienen, um konkrete Ziele und Verantwortlichkeiten festzulegen. Eine regelmäßige Erfolgskontrolle hilft dabei, den Fortschritt zu überwachen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen. Es erfordert eine kontinuierliche Weiterentwicklung, um den sich verändernden Bedürfnissen der Mitarbeitenden gerecht zu werden und als attraktiver Arbeitgeber im Wettbewerbsumfeld erfolgreich zu sein.